Regie Eli Roth / USA 2023 / FSK 18 / 106 Min.

Drehbuch Jeff Rendell

Mit Patrick Dempsey / Nell Verlaque / Rick Hoffman / Gina Gershon / Jalen Thomas Brook

Produktion Spyglass Media Group / Dragonfly Entertainment

 

Anmutend wie eine Horde ausgezehrter Zombies aus The Walking Dead, dürstend nach Konsum, bricht sich der Besucherstrom bahn durch berstendes Glass des Right Markt in Plymouth. Um das Glück verheißende Waffeleisen Geschenk als einer der ersten 100 Konsumenten im Kaufhaus sein eigen nennen zu können. Es in seinem Besitz wissend mit gierigen Händen zu umschlingen. Was Minuten zuvor als geplanter Sonderverkauf zu Thanksgiving, Freude und befriedigenden Kaufrausch versprach entwickelt sich zum Blutrausch der Konsumenten innerhalb von Sekunden. Ausgelöst durch das unerlaubte Betreten der verheißungsvollen Hallen der Glückseligkeit durch die Hintertür, vor allen in der Abenddämmerung wartenden Menschen, durch die Tochter des Filialleiters und ihrer Clique um die es sich später in Thanksgiving drehen soll. Um in Besitz des gratis Waffeleisens zu gelangen werden schonmal hoffnungsvolle Baseball Star Arme rücksichtslos zertreten, Security Mitarbeiter zu Tode getrampelt unter der Eingangstür und Schädeldecken mit Einkaufswägen malträtiert. Was hier Elli Roth in den ersten zehn Minuten in Thanksgiving zelebriert ist smart. Wer je in einem Sonderverkauf im Sommerschluss im Gedränge stand oder am 23. Dezember noch schnell in den nahegelegenen Edeka hüpfen wollte kennt dieses Gefühl. Wer dabei im Trubel kurz inne hält, beim erbitterten Kampf um die letzte goldgelb schimmernde Banane im Pappkarton der überrannten Obst und Gemüseabteilung, der Jagd nach der letzten halbwegs essbare Gans im Gefrierfach oder beim erbitterten Kampf um das letzte Versace T Shirt in Größe S beim örtlichen TK Max zum halben Preis und dabei in die Augen, der vor Konsumrausch verbissenen Gesichter der Kontrahenten auf dem Schlachtfeld des Supermarktes schaut, wird im nächsten Schritt innerlich inständig hoffen ,dass er beim Gehen diesen kleinen Schritts den hier Roth weiter geht als im echten Leben, nie dabei sein wird. Oft scheint es dabei so, wenn wir uns wieder finden im realen Leben auf dem Schlachtfeld der Schnäppchenjäger, Geiz-ist-geil Generation und Feiertags-Bevorrater, dass sie nicht weit entfernt ist, diese Rothsche Apokalypse aus Thanksgiving, die er am Vorabend des Ur-amerikanischsten aller Feiertage heraufbeschwört.

Der Konsument ist der ewige Säugling, der nach der Flasche schreit…
Die Folgen von rücksichtslosem Konsum kulminieren in mehreren Todesopfern im örtlichen Right Markt. Darauf basiert schließlich die Prämisse des Films: Es geht ein Killer umher, dem es scheinbar nach Rache dürstet aufgrund der Vorkommnisse an besagtem Feiertag im Oktober. Bewegt sich Roth in den ersten Minuten noch auf gesellschaftskritischen Pfaden mit Bravour und Splatter verlässt ihn die Bravour ihn zusehends schlagartig und übrig bleibt der reine Splatter. Rosinenpickerei die hier den wesentlichen Anteil der Laufzeit ausmacht. Alles was zwischen zwei Morden passiert ist reines schmuckloses Beiwerk gewürzt mit wenig Finesse. Welches eben notgedrungen irgendwie dazugehört um nicht eine reine Abfolge von Kills abzufeuern zu müssen. Stellt euch Thanksgiving vor wie das verspeisen einer Milchschnitte. Das leckere an ihr ist die Fülling, das drumherum ist nur nötig um das ganze funktional zusammen zu halten, Das Äußere würde aber ohne die Füllung nur mäßig gut schmecken. Zu uninteressant sind Figuren die Roth lediglich umreist sowie die Stadt an sich als dass sie jemals mit ansteigender Laufzeit interessanter werden könnten. Roth behauptet eine Cliquenfreundschaft, im Zentrum der Handlung, aus welcher einer nach dem anderen dem Killer zum Opfer fallen soll. Ohne dabei so etwas wie Empathie zu säen die er später ernten könnte, wenn es darum geht mitfiebern zu können. Im Grunde entwickelt sich Thanksgiving mit zunehmender Spieldauer zum Who-done-it plus. Dabei steht das plus für gut gemachten Splatter. Roths Komfortzone die er ungern verlässt.


Orientiert wird sich hier reichlich an 80er Jahren Vorbildern denen Roth hier versucht seine Referenz zu erweisen sowie klassischen Filmreihen wie „Scream“ oder „Ich weiß was du letzten Sommer getan hast“. Wer sich jedoch ein wenig mit der Vita des Roth beschäftigt hat dem wird klar sein das es in Thanksgiving derber, mitunter explizierter zur Sache geht als bei den genannten Filmreihen. Vereinfacht gesagt wird Thanksgiving jedem Horrorneuling gefallen, der noch nicht viel Erfahrung auf diesem Genre aufzuweisen hat. Alle Veteranen des Themas werden die Punkteliste des Genres geistig im Kopf abhaken können während des Sehens. Wenig Überraschendes, viel Vorhersehbares. Genauer gesagt, die Abwesenheit von Spannung, besser definiert, den Spannungsbogen in Thanksgiving sucht man vergeblich. Zogen diverse Vorbilder die Roth hier aufgreifen möchte noch ein Teil des Reizes aus dem Aufbau von Spannung, schafft es sein eigener Versuch nicht mal den Anflug eines unwohlen Gefühls zu erzeugen. Dieses Unwohle Gefühl dass etwas hinter einer Tür lauert auf einem in dunkeln, das da draußen in der kälte der Nacht das verderben lauert, das jeder der Anwesenden der Killer sein könnte, das ein dunkler Gang zu einem unüberwindbaren Hindernis wird weil die Angst die Oberhand gewinnt. All dies wird in Thanksgiving vermisst. Es fehlt der dem Horror Genre anhaftenden Gestus des Unwohlen, bei dem man sich in eine Decke einkuscheln möchte.

 

Kinder die im Matsch spielen


Der Score als wesentlicher Multiplikator und Verstärker solcher unwohlen Gefühle, die von Bildern transponiert werden, fällt ebenso wenig positiv ins Gewicht. Kaum passen Musik und Bewegtbilder einmal wirklich zueinander. Wenn die Fanfaren ertönen und dabei das Versprechen abgeben wird einer fiebrigen Verfolgungsjagd, passen leider die gezeigten Bewegtbilder so gar nicht zur Untermalung. Roth so hat man wenigstens an dieser Stelle ein unwohles Gefühl, verlässt sich zu sehr auf die Rosinen im Film. Wobei diese Aussage auch nicht ganz den Nagel auf den Kopf zu treffen scheint, bot doch die erwähnte Anfangssequenz genügend Potenzial dem Film in die richtige Richtung zu manövrieren. Dem Film eine Botschaft mit zu geben im Mantel einer Horrorgeschichte ein kühnes Unterfangen, das niemals eingelöst wird. Das gesellschaftskritische Bezüge sich in Horrorfilmen wiederfinden dürfte dem geneigten Horrorfan nicht fremd sein, wenn er an Werke von George A. Romero denkt und eben jene Konsum Kritik, die er mit seinen Zombiefilmen zum Ausdruck bringen wollte. Roths Achtungserfolg, der eine Welle von Terrorfilmen nach sich zog hatte einige Vorzüge aufzuweisen welche Thanksgiving gut zu Gesicht gestanden hätten, zum einen das erwähnt unheilvolle, dem ständigen Begleiter des Handelns der Protagonisten und der Umstand der stark mit dem Unheilvollen korreliert- dem Look. War Hostel von dem Grundton her durchaus ein schmutziges Kind, das sich in Matsch so richtig wohl gefühlt hatte ist in Thanksgiving das metaphorische Kind eher ein gut behütetes, wohl erzogenes, dass nur mit geputzten Schuhen das Haus verlässt. Will vereinfacht heißen: Wo der Film Dreck unter den Finger Nägeln bekommt sollte eigentlich die Ganze Hand in Dreck und Matsch versinken. Zu clean, zu farbenfroh, zu froh in der Farbgebung. Ein Umstand den Roth vielleicht bewusst wählte, denn er kanns ja auch anders.

Das Kalkül welche dem Gedanken von Roth wohl inne wohnte, hier eine Franchise ins Leben zu rufen scheint angekommen zu sein beim Publikum. So verheißen die Zahlen vermutlich eine Fortsetzung des Slashers. Doch Menschen, die Filme konsumieren um darüber zu schreiben und Menschen die Filme rein des Spaßes wegen konsumieren haben oft unterschiedliche Meinungen. So wie auch in dieser Filmbesprechung. Doch bei beiden bleibt eine der Hauptfunktionen des Konsums gleich: Befriedigung. Anhand des Beispiels eines Überraschungseis wird es vielleicht deutlicher: Durch den Konsum eines Überraschungseis wird uns Genuss, Spiel, Spaß und Spannung versprochen. Die Frage wird am Ende jeder für sich beantworten müssen beim Öffnen der gelben Plastikkugel ob das versprochene eingelöst werden konnte. Hatte ich Spaß? Den Spaß den ich mir erhoffte? Vielleicht bin ich aber auch Opfer der Werbung geworden, die darauf abzielt mein Konsumverhalten zu beeinflussen. Konsumiere ich des Konsumierens Willen ohne dabei Spaß zu empfinden? Am Ende des Tages verkauft Roth hier ein Produkt über dessen Erfolg oder Niedergang die Konsumenten entscheiden. Dabei ist es nur richtig sich an den Grundsatz von Jose Mujica zu halten um das Pendel entweder in die eine oder andere Richtung ausschlagen zu lassen: „Wenn ich etwas kaufe, bezahle ich nicht mit Geld. Ich bezahle mit meiner Zeit, die ich gebraucht habe, um dieses Geld zu verdienen.“